Der Gast ist weder Ansässiger noch Vagabund – sein Aufenthalt ist nur vorläufig. Doch viel wird zur Normierung des „Fremden“ unternommen, sei es, daß man ihn mit Pässen und Aufenthaltsgenehmigungen versieht, oder als Tourist dingfest macht. Der Gast kann dabei Gegenstand einer ausgrenzenden Rede und Praxis werden, denn entspricht sein Verhalten nicht einer ablesbaren Ökonomie, gerät er in den Verdacht, Parasit zu sein. Das Fremde als Mythos, bedrohliche Fama oder willkommene Projektionsfläche wird hier im Recht des Gastes, dort in der Rechtlosigkeit des Fremden gesellschaftspolitische Realität, sein vorläufiger Ort ist entweder das Hotel oder das Asylantenheim. Die Künstlerinnen und Künstler, die sich mit ihren Arbeiten temporär im Offenen Kulturhaus einrichten, stellen den öffentlichen, anonymen Ordnungsdiskurs und dessen private Kehrseite zur Disposition. Die Ausstellung handelt von unbekannten Gästen, dem unfreiwilligen Aufenthalt, dem Fremden als Untersuchungsgegenstand, der erzwungenen Aussage, von der nicht zu assimilierenden Kehrseite des Selbst, letztlich von einer permanent unternommenen und immer wieder sich entziehenden Identifikation. Dabei spielen Schwellen, Ein- und Ausgänge und Abtritte eine konstitutive Rolle im Raum ritualisierter Erfahrungen. (Elisabeth Madlener) Nachdem aus den kalten Schlacken des Nationalsozialismus Schwelbrände zu Feuern auflodern, fehlt es nicht an gesellschaftlichen Anstrengungen, dem entgegenzuwirken und die Kunst zu diesem Zweck dienstbar zu machen. Jenseits dessen wurde für das Projekt Das Fremde – Der Gast ein Kontext entworfen, der eine Philosophie des Gastes zum Ausgangspunkt hat und dessen Fokus das Fremde ist. Die inhaltliche Diskussion mit den Künstlerinnen und Künstlern führte zu einer Ausstellung, die im wesentlichen durch spezifisch für Linz hergestellte Arbeiten bestimmt ist. Auch war es ein Anliegen, nicht nur eine Präsentation im Offenen Kulturhaus zu realisieren, sondern ebenso den städtischen Raum zu nützen, um den anonymen Gast der Öffentlichkeit als Teil einer umfassenden Ausstellungsidee miteinzubeziehen. Als Kern einer bildhaften Umsetzung diente „das Fremde“ in keinem Fall. Die einzelnen Kunstwerke realisieren es in ihrer Logik und Widersetzlichkeit, das Befremden des Besuchers mag ein Indiz dafür sein. (Kurt Kladler)
Archiv - Festival der Regionen 1993
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