Projekte

Homecoming

Foto: Luzia Stempfer
Wer fortgeht, trägt einen Ort mit sich – in Erinnerungen, in Gesten, in Bildern. Was aber passiert, wenn dieser Ort wieder betreten wird? Die Ausstellung HOMECOMING versammelt Arbeiten von fünf Künstler*innen, die im Innviertel aufgewachsen sind und verschiedene Wegstrecken der Entfernung und Annäherung zurückgelegt haben: Dominik Gohla, Ulrike Schild, Laura Sperl, Daniel Stempfer und Luzia Stempfer.
In vier aufeinander aufbauenden Kapiteln entfaltet sich eine Erkundung über das Woanders- und Daheim-Sein, die weder in sentimentaler Nostalgie noch in einfacher Ablehnung verharrt. Von materiellen Mythologien über Übersetzungsprozesse und Distanznahmen bis hin zu gesellschaftlichen Strukturen und Machtfragen erstreckt sich die Betrachtung des Heimischen als Form, als Stoff, als Praxis.
Die Ausstellung selbst spiegelt diese Bewegung: Sie nimmt ihren Anfang im historischen Stadtturm von Braunau, dem ältesten Bauwerk der Stadt. Der ehemalige Wachturm, der nur über eine Außenstiege zu erreichen ist, verkörpert selbst eine Art Schwellenerfahrung – zwischen Innen und Außen, zwischen Geschichte und Gegenwart. Von seinen Fenstern aus lässt sich die Stadt überblicken, die gestaffelten Dächer der Innenstadt bis zu den Siedlungen am Stadtrand. Die Besucher*innen bewegen sich vertikal durch die ersten drei Kapitel, von Stockwerk zu Stockwerk. Jede Ebene teilt den gleichen Grundriss, offenbart aber in den unterschiedlichen Bodenbelägen und Deckengestaltungen die Spuren verschiedener Renovierungsphasen, Zeiten und Stile – ähnlich wie in den Arbeiten und Perspektiven der Künstler*innen begegnen sich auch in der baulichen Substanz das Gemeinsame und das Individuelle, das Beständige und das Temporäre.
Das vierte Kapitel überschreitet schließlich Grenzen. Es wandert über den Inn nach Simbach, in eine leerstehende Gewerbeimmobilie mit Schaufenstern. Hier, auf Augenhöhe mit den Passant*innen, in einem Raum des Alltags und des täglichen Bedarfs, werden Fragen nach Definitions- und Deutungsmacht aufgeworfen: Wer bestimmt, wie Heimat aussieht? Wer entscheidet, wer dazugehört? Diese räumliche Dramaturgie der Ausstellung selbst – vom historischen Turm im Herzen Braunaus bis zum leeren Ladenlokal jenseits des Inns – wird zur Metapher für die Möglichkeiten von Kunst in der Region: als Markierung, als Frage, als Verbindung.
Was als persönliche Auseinandersetzung beginnt, als Befragung des Eigenen, weitet sich zu einer Erforschung kollektiver Vorstellungen und Strukturen. Heimat erscheint dabei nicht als Monolith, sondern als vielschichtiges Gefüge aus Materialien und Geschichten, Bildern und Praktiken – ein Prozess des ständigen Übertragens, Sammelns und Übersetzens.
Die fünf Künstler*innen und die Kuratorin Nina Lucia Groß, selbst aus dem Innviertel stammend, kehren mit HOMECOMING in die Region ihrer Prägung zurück – nicht nur geografisch, sondern auch in ihrer künstlerischen Praxis. In dieser gemeinsamen Rückkehr liegt ein Moment der Bilanz und der Neubetrachtung. Die vertraute Umgebung wird zum Resonanzraum der eigenen Entwicklung, zur Bühne für eine Begegnung zwischen dem, was man einmal war, und dem, was man geworden ist. Die Arbeiten werden zu Anknüpfungspunkten zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen zurückgelegten Wegen und noch offenen Pfaden.
HOMECOMING – das ist nicht nur eine Frage des Ankommens. Sondern eine des Sehens und Gesehen-Werdens, des Erinnerns und Neuordnens, des Aufbrechens und Wiederkehrens.

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CV

Nina Lucia Groß
*1990, ist im Innviertel aufgewachsen, hat in Wien Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst und Kunstgeschichte an der Universität Wien studiert und lebt seit über 10 Jahren in Hamburg. Im November 2024 schloss sie ihre Promotion an der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Hamburg ab. Sie ist als Kunsthistorikerin, Lehrende und Autorin in diversen Zusammenhängen tätig und beschäftigt sich dabei mit der Sozio- und Kulturgeschichte von Architektur, Kunst, Popkultur und privaten wie öffentlichen Sammlungen. Als freie Kuratorin setzte sie Einzel- und Gruppenausstellungen sowie Ausstellungsreihen in Hamburg und Jena um. Seit 2020 ist sie am Museum für Kunst und Gewerbe als Kuratorin beschäftigt. Dort gründete und leitet sie gemeinsam mit Tilman Walther den Freiraum, ein offener Raum für Diskurs und Partizipation sowie ein Forum für die kritische Befragung der Sammlung und der Verantwortung einer bürgerlichen Institution. Am selben Haus war sie im Jahr 2024 als wissenschaftliche Referentin der Direktorin tätig. Im Februar 2025 eröffnet im MK&G die Sonderausstellung „Glitzer“, die Nina Lucia Groß gemeinsam mit Julia Meer kuratiert. Seit November 2024 ist Nina Lucia Groß Vorstandsmitglied im Ulmer Verein.

Daniel Stempfer
wurde 1985 in Braunau geboren und lebt und arbeitet mittlerweile in Hong Kong, China. Seine Skulpturen und Installationen beschäftigen sich mit der sich ständig verschiebenden Grenze zwischen Kultur und Natur. Sie erkunden die gebaute Umwelt und untersuchen Kontraste, insbesondere die Spannung zwischen Beständigkeit und Vergänglichkeit. Er analysiert, wie Strukturen – sowohl physische als auch mentale – sich im Laufe der Zeit verändern, wobei er den Fokus auf die materiellen Spuren legt, die diese Transformationen hinterlassen.
Seine Arbeiten wurden unter anderem ausgestellt in: Mediterranea Biennale Tirana, Museum of Modern and Contemporary Art Seoul, Museum für Moderne Kunst Frankfurt, Xinqiao Art  Museum Shanghai, W139 Amsterdam, Red Gate Gallery Peking, Kunstverein Wiesbaden, Transmediale Berlin, Art Center Ongoing Tokyo, Traklhaus Salzburg, Salzamt Linz.

Luzia Stempfer
*1996 aufgewachsen im Innviertel, studiert Bildende Kunst/Experimentelle an der Kunstuniversität Linz und verfolgt dabei einen interdisziplinären Ansatz der Medien wie Noise, Blumen, Performance, Fotografie, Installation, Video, Licht und Bücher involviert.

Dominik Gohla
geboren 1985 in Braunau am Inn
lebt in Schwand im Innkreis, Oberösterreich

Ausstellungen:
Sehblöcke, 2020, mańana bold, Offenbach am Main, solo
Crystal Readings, 2015, Soy Capitan, Berlin, Gruppe
Linsenlese, 2014, Jenifer Nails, Frankfurt, solo
Über die Haut, 2012, Commerzbanktower, Frankfurt, mit Hannes Michanek
Encore, 2011, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt, Gruppe
My corridor is your workspace, 2009, Japantower, Frankfurt, Gruppe
Willem de Rooij – Meisterschüler, Staatliche Akademie der Bildenden Künste – Städelschule, 2006 – 2011

Texte:
Sehblöcke, 2021 in Schulterblicke, hrsg. von Felix Kosok, Aileen Treusch und Ellen Wagner, Distanzverlag
Excersise 1 / After Stephen King, 2018, mit Gislind Köhler, Chris Airlines
Trance Cabin, 2016, mit Elli Ferriol
Linsenlese, 2014, Grit Weber in Journal Frankfurt
Über die Haut, 2012, hrsg. von Commerzbank Corporate Citizenship
Das schwarze Brett, 2012, Katalogtext zu Ausstellung von Thomas Kübler

Laura Sperl
studierte an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und der Akademie der bildenden Künste Wien. Einzelausstellungen präsentierte sie unter anderen in der Galerie Mutuo in Barcelona, im Porgy & Bess Public Domain sowie im Sehsaal in Wien. Ihre Werke wurden außerdem in Berlin, Zagreb, London, Tokio und Lissabon gezeigt. In Wien stellte sie zuletzt auf der PARALLEL Vienna, der Foto Wien, in der Fotogalerie Wien, im Exhibit sowie im Bildraum 01 aus. 2021 erhielt sie das START-Stipendium für Bildende Kunst des Bmkös und nimmt am Mentoring Programm in Kooperation mit der Akademie der bildenden Künste Teil. 2022 erhielt sie die Talentförderprämie der Landeskulturpreise OÖ in der Kategorie Fotografie, 2024 ein künstlerisches Stipendium des Landes OÖ.

Ulrike Schild
Ulrike Schilds Bilder und Filme beleuchten die Bedeutung von sozialer und naturbezogener Gemeinschaft. Bei analogen Filmaufnahmen und Malerei auf Leinwand erforscht sie Motive, die zwischen konkreter Form und abstrakter Auflösung oszillieren. Gruppen und Individuen werden zum Gegenstand des magischen Realismus, da sie oft Formen der zeitgenössischen Tradition enthüllen. Die Unvereinbarkeit in ihrer Gegenüberstellung von menschlicher Zerbrechlichkeit und der Monumentalität der Erde, zeugt von der Absurdität des zeitgenössischen menschlichen Strebens. Schild lebt und arbeitet in Wien und Köln. Seit 2020 arbeitet sie als Videokünstlerin in permanenter Residenz am Volkstheater Wien.

Auszug aus Schilds Arbeiten:
2025
Krankheit oder Moderne Frauen (Theaterstück), Volkstheater Wien, Live-Kamera
2024
Diktatur der Kunst mit Jonathan Meese und Alexander Kluge, Performance, Volkstheater Wien, Videoart
Liebes Arschloch, Theaterstück, Volkstheater Wien, Live-Kamera
Apfelesser Guter Küsser I+II (Kurzfilm), 16mm, Regie&Kamera
CORRECTIV enthüllt: Rechtsextremer Geheimplan gegen Deutschland, Theaterstück, Berliner Ensemble, Live Kamera

 

Öffnungszeiten


Salzburger Vorstadt 1
5280 Braunau am Inn
  • Fr., 13.06. 10:00 - 20:00
  • Sa., 14.06. 10:00 - 20:00
  • So., 15.06. 10:00 - 20:00
  • Mo., 16.06. 15:00 - 20:00
  • Di., 17.06. 15:00 - 20:00
  • Mi., 18.06. 15:00 - 20:00
  • Do., 19.06. 10:00 - 20:00
  • Fr., 20.06. 10:00 - 20:00
  • Sa., 21.06. 10:00 - 20:00
  • So., 22.06. 10:00 - 20:00

Maximilianstraße 7
84359, Simbach am Inn
  • Fr., 13.06. 10:00 - 20:00
  • Sa., 14.06. 10:00 - 20:00
  • So., 15.06. 10:00 - 20:00
  • Mo., 16.06. 15:00 - 20:00
  • Di., 17.06. 15:00 - 20:00
  • Mi., 18.06. 15:00 - 20:00
  • Do., 19.06. 10:00 - 20:00
  • Fr., 20.06. 10:00 - 20:00
  • Sa., 21.06. 10:00 - 20:00
  • So., 22.06. 10:00 - 20:00

Termine

  • So., 15.06 | 11:00 - 12:30

    Kuratorinnenführung zur Ausstellung Homecoming

    Stadttorturm Salzburger Vorstadt 1
    5280 Braunau am Inn
  • Fr., 20.06 | 11:00 - 12:30

    Kuratorinnenführung zur Ausstellung Homecoming

    Stadttorturm Salzburger Vorstadt 1
    5280 Braunau am Inn