Archiv - Festival der Regionen 2003

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FDR 2003

Ausflug zum Feindbild im Ortsbild

Der Land-Österreicher ist eine Spezies der Gattung Häuslbauer mit ausgeprägtem Bautrieb. Von Frühling bis Herbst schießt, unterstützt von Bausparkassen und Baumärkten, ein Schmuckkästchen nach dem anderen aus dem Boden. Kleine Schlösser, mit Erkern, Säulen, und Dachvorsprüngen – Hauptsache größer, teurer, verschnörkelter als der Nachbar. Wehe den BauherrInnen, die sich nicht an diesem Wettbauen beteiligen, sondern ökonomisch und ökologisch sinnvoller Architektur in zeitgemäßer Ästhetik den Vorzug geben. „Ortsbildverschandelung!“ schreit da die Solidargemeinschaft der Häuslbauer, „Flachdach? Skandal!“ rumort es am Stammtisch. Und die Baubehörde pflichtet allzu oft bei: „Architektur hin oder her, so geht’s nicht!“. Kurz, ein Thema für die „Kunst der Feindschaft“. Die architekturbegeisterten 4fff („Vier Frauen fahren fort“) laden das interessierte Publikum ein, sich mit ihnen zu gebauten Feindbildern in Oberösterreich und im angrenzenden Salzburger Land aufzumachen – allesamt Beispiele hochwertigen Wohnbaus. Atelierhaus Waizenkirchen (anytime-Architekten, Linz) Das derzeit in Bau befindliche Projekt ließ sich erst nach medienwirksamem Aktionismus des Bauherrn, unter anderem einer Geiselnahme von Gartenzwergen, sowie durch juristische Unterstützung beim Durchlaufen aller Instanzen verwirklichen. 4fff ab 16.00 Uhr im Gasthof Mayrhuber in Waizenkirchen im Gespräch mit Ing. Josef Dopler (Bürgermeister Waizenkirchen), DI Wolfgang Hüthmair ( Bezirksbauamt Wels, Abteilung Naturschutz), Mag. Vitus Lenz (Bauberater der Landwirtschaftskammer für OÖ), Dr. Josef Öberseder (BH Grieskirchen), Mag. Rudolf Pointinger (Bauherr), Mag. Christoph Weidinger (Architekt). Einfamilienhaus Seekirchen am Wallersee (cand. arch. Grömer+Ebner, Seekirchen) Obwohl das Objekt dem Bebauungsplan bis hin zum geforderten Satteldach exakt entspricht, überrascht das Haus durch den unkonventionellen Umgang mit den Vorgaben und bietet ein ungewohntes Erscheinungsbild, verglichen mit den Bauten in der Nachbarschaft. 4fff ab 17.00 Uhr im Gasthof Zipfwirt in Seekirchen im Gespräch mit Johannes Ebner (Planer), Franz Grömer (Planer), Johann Spatzenegger (Bürgermeister Seekirchen), Pfarrer Rudolf Weberndorfer, Familie Wieland (Bauherren), DI Bernd Zeller (Land Salzburg) – angefragt. Sommerhaus Buchberg am Attersee (Arch. Riepl & Riepl, Linz) Inmitten von ländlich inspirierten Einfamilienhäusern und landwirtschaftlichen Bauten konnte das Sommerhaus erst durch den Kompromiss eines Satteldaches mit 7° Neigung – anstelle des gewünschten Flachdaches – gebaut werden. Zudem provozierten die nicht standardisierten Detaillösungen eine diskussions- und unfallreiche Auseinandersetzung zwischen den BauherrInnen, Architekten und Handwerkern. 4fff ab 16.00 Uhr im Stadlwirt z´Haining in Haining im Gespräch mit DI Helga Gamerith (BH Vöcklabruck, Abt. Naturschutz – Seengebiet), Dr. Brigitte und Dr. Manfred Lehner (BauherrIn), DI Peter Riepl (Architekt), Mag. Johann Reiter (Bürgermeister Seewalchen), DI Kurt Ziegler (Bezirksbauamtsleiter, Gmunden) Badehaus Weyregg am Attersee (Arch. Luger-Maul, Wels) Ein Ausflug zu einem Objekt, „klein, aber fein“. Seine außergewöhnliche Lage zog allerdings eine ebensolche Bewilligungsphase nach sich. Mehr will hier nicht verraten sein. 4fff ab 16.00 Uhr im k.u.k. Landgasthof in Weyregg im Gespräch mit DI Karl Auzinger (Umweltanwaltschaft, Land OÖ), DI Roland Forster (Gestaltungsbeirat, Land OÖ, Abteilung Raumordnung), Mag. Leo Gander (Geschäftsführer REGATTA, Regionalentwicklungsverein Attersee – Attergau), DI Helga Gamerith (BH Vöcklabruck, Abt. Naturschutz – Seengebiet), Dr. Thomas Kroiss (Bauherr), Mag. Maximilian Luger (Architekt), Mag. Franz Maul (Architekt). Einfamilienhaus Wartberg ob der Aist (Arch. Reichhold, Wels) Das großteils im Selbstbau errichtete Haus konnte nur durch eine Änderung des Bebauungsplans realisiert werden. Und in diese willigte die Baubehörde lediglich deshalb ein, weil das Grundstück das letzte auf einer als Bauland gewidmeten Fläche darstellt, mit Nachahmern in näherer Zukunft also nicht gerechnet werden muss. 4fff ab 15.30 Uhr in der Jausenstation Deisinger in Reitlingberg im Gespräch mit Heinz Berndl (Lagerhaus, Abteilung Fertigteilhäuser), DI Andrea Reichhold (Architektin), DI Walter Werschnig ( Land OÖ, Abteilung Raumordnung), Christian Wurm (Bauherr). Die AusflüglerInnen besichtigen die Häuser eingehend und haben genug Zeit, sich mit den BauherrInnen und ArchitektInnen über ihre Motive und die verwickelten Baugeschichten zu unterhalten. Im örtlichen Gasthaus laden 4fff dann zur Diskussion über das „Feindbild im Ortsbild“. Auch Nachbarn und Anrainer kommen zu Wort, Behördenvertreter, vor allem die Bürgermeister als oberste Instanzen der örtlichen Baubehörde, und die schärfsten GegnerInnen des zur Debatte stehenden Hauses erhalten Gelegenheit, ihre Position vorzutragen.